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Stefan Koslowski
M
- arvin Gronen nippt an
- seinem Cappuccino und
- schaut nachdenklich
aus dem Fenster. “Es sind gerade schwierige Zeiten für alle Menschen – besonders aber für die Kulturschaffenden in Film und Theater“, sagt der Schauspieler. Doch dann huscht ein gewinnendes Lächeln über sein Gesicht, und er fügt hinzu: „Aber in jeder Krise steckt eine Chance, und jeder weiß: Hinter‘m Horizont geht´s weiter!“ Aktuell sieht es jedoch noch so aus, dass es besonders Künstlern und dem ganzen Kulturgeschäft schlecht geht. „Wir haben keine Lobby, dabei sind wir das Land der Dichter und Denker und schon immer eine Kulturnation gewesen. Doch viel zu lange hat es gedauert, bis Künstler Hilfsgelder beantragen konnten“, kritisiert Marvin Gronen.
Eine Krise hat aber durchaus etwas Gutes, und letztendlich sind auch Schauspieler Einzelunternehmer, die sich positionieren und teilweise neu erfinden müssen, ergänzt er. Ihm persönlich hat die Zeit gutgetan, er hat reflektiert, nachgedacht und sich neu aufgestellt, und mittlerweile hat er wieder neue Projekte am Start. Dabei ist der Mittdreißiger trotz seines noch relativ jungen Alters schon seit über 20 Jahren im Filmbusiness. Bereits im Alter von 18 zog es ihn nach New York, wo er an der legendären Lee Strasberg Schauspielschule lernte, um auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu bestehen. Neben Erfahrungen im Theater forcierte er jedoch primär sein Engagement in Kinoproduktionen, aber auch TV-Formate für Sky, ARD, ZDF, RTL oder SAT 1 und ist dem Publikum durch Filme wie „Irgendwo im Nirgendwo“, „Punk´s not dead“ oder „Hier kommt Kalle“ bekannt.
Für Marvin Gronen ist seine Tätigkeit als Schauspieler im Wortsinn Berufung. Und er hat Glück, dass er auch während Corona drehen konnte. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn in aller Regel können sich das nur große Produktionsfirmen wie „Constantin Film“ leisten – allein die Kosten für Coronatests für Schauspieler und Crew betragen bei namhaften deutschen Produktionen 160.000 €; nicht wenig, wenn der Gesamtetat für einen Tatort gerade einmal bei ca. 1,5 Millionen Euro liegt und selbst bei Kinoproduktionen „nur“ 3 bis 7 Millionen Euro beträgt. In den USA haben selbst Independent- und Low-Budget-Filme ein Volumen von mindestens 10 – 15 Millionen Euro.
Doch der gebürtige Kölner ist breit aufgestellt und nicht ausschließlich als Schauspieler, sondern auch als Produzent tätig. Das ist besonders aus einem Grund reizvoll: Als Schauspieler erzählt man seinen Teil der Geschichte. Aber als Regisseur, Produzent oder Filmemacher erzählt man die ganze Geschichte. Diese Erfahrung hat er bereits damals in den USA gemacht, war aber zu jung für diese Tätigkeit. Heute macht das für ihn einen Reiz aus, der eine perfekte Ergänzung zu seinem Schauspielerleben darstellt.
Marvin Gronen hat für sich persönlich also seinen Weg gefunden, wie sieht er jedoch die aktuelle Situation für das Filmbusiness? Alles ist im Umbruch, und natürlich ist gerade die Filmbranche gefordert, kreativ zu sein und neue Wege zu gehen. Zu Beginn der Pandemie änderte beispielsweise Disney seine Strategie und startete den mit großen Vorschusslorbeeren bedachten Film „Mulan“, der mit einem Etat von 200 (!) Millionen US-Dollars produziert wurde. Als der Film im März 2020 weltweit in den Kinos starten sollte, brach Corona aus, und die Kinos wurden geschlossen. Ein Desaster für die Entscheider bei Disney, die jedoch schnell den Vertriebsweg umstellten: Statt auf der Leinwand gab es den Film im firmeneigenen Streamingdienst Disney+ zu kaufen. Verzweiflungstat eines Giganten oder der Start eines neuen Geschäftsmodells?
Marvin Gronen ist der Meinung, dass ein Kinofilm immer ein Kinofilm bleiben wird. Aber er hat kein Problem damit, dass die Vertriebskanäle miteinander vermischt werden, denn er ist sowieso kein großer Freund von Trennung zwischen Fernsehen, Kino und Streaming. Vielmehr findet er es gut, dass es Streaming-Plattformen gibt, sonst würden aktuell gar keine Filme zu sehen sein. Die unterschiedlichen Angebotsformen sollte man verbinden, denn das wird die Zukunft sein, und letztendlich machen alle Filme oder Serien, um die Zuschauer zu unterhalten und begeistern.
Und wie sieht die Zukunft des Films aus? Wenn Leute eines Tages wieder in die Kinos gehen dürfen, werden sie auch wieder dorthin strömen, ist der Schauspieler überzeugt. Vielen Menschen fehlt momentan das typische Kinoerlebnis, in dem man mit anderen in einem großen Raum sitzt, Popcorn isst und sich gemeinsam auf einer Riesenleinwand einen Film anschaut. Es gibt ja auch Filme, die nur für das Kino gemacht wurden, und die nicht im Fernsehen laufen. So sind Blockbuster aus den USA für große Leinwände und großen Sound gemacht, den man im Brustkorb spürt, wenn der Held angeritten kommt.
Dennoch haben Kinos im letzten Jahr schon sehr viel Geld verloren, und die Frage ist, wie lange eine Produktion einen Film überhaupt zurückhalten kann? Der Start des aktuellen James-Bond-Films mit dem in Pandemiezeiten etwas zynisch anmutenden Titel „Keine Zeit zu sterben“ wurde mehrfach verschoben; die Kosten allein dafür sollen bei 50 Millionen US-Dollar gelegen haben, das Budget für den Film bei 250 Millionen US-Dollar. Überhaupt scheint in der Branche noch viel Geld in Umlauf zu sein. Im Oktober 2020 verhandelten Netflix und Apple über eine Streaming-Premiere des Films, kolportiert wurde ein Angebot über 600 Millionen Dollar. Dieses wurde von der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer, welche die Filmrechte besitzt, abgelehnt.
Doch egal, ob Filmmogul in Hollywood oder Schauspieler in Köln. Marvin Gronen findet es wichtig, dass man es selber in der Hand hat, ist die Zeit zu nutzen. Momentan fühlt er sich wie ein Löwe in Gefangenschaft, der darauf wartet, endlich wieder herauszukommen und mit voller Energie in die Zukunft zu starten. Er freut sich jeden Morgen und ist gespannt, was der neue Tag so bringt. Ein gutes Gefühl – und wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht.
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