hoch – Chaos, Stau und Verkehrsinfarkte sind die Folge. Innovative Mobilitätskonzepte sind allerorten gefragt, einerseits, um möglichst schnell von A nach B zu kommen, und um andererseits diese Vorgabe möglichst effizient und ressourcenschonend umzusetzen. Dabei soll die kommerzielle Nutzung des innerstädtischen Luftraums zukünftig eine große Rolle spielen – Urban Air Mobility nennen das Unternehmen, die sich mit der Entwicklung von sogenannten Lufttaxis beschäftigen. Bereits heute gibt es weltweit bereits mehr als 110 städtische oder regionale Projekte zur Bereitstellung autonomer Lufttransportangebote, von Dubai bis Singapur.
Doch nicht nur in den großen Metropolen unserer Welt wird an diesen Projekten gearbeitet, sondern auch vor den Toren Münchens. In der Nähe vom idyllischen Ammersee und Starnberger See gelegen, scheint es der perfekte Ort für ein neues Projekt am Himmel zu sein, denn hier verbinden sich Historie und Zukunft: Früher konzipierten dort Ingenieure des legendären Luftfahrtunternehmens Dornier mit der Do 31 Ende der 1960er Jahre eines der innovativsten Flugzeuge der Welt. Es handelte sich um einen Senkrechtstarter, der seine Leistungsfähigkeit bei zahlreichen Testflügen unter Beweis stellte, aber dennoch nie in Serie ging, weil die NATO lieber auf Lastenhubschrauber setzte. Und heute entwickeln hier die Experten der Firma Lilium elektrisch betriebene Lufttaxis, die an Science-Fiction-Filme erinnern und in wenigen Jahren in Serie an den Start gehen sollen.
Doch bis es so weit ist, wird noch eine Menge Geld benötigt. Daher plant Lilium an die Börse zu gehen – die Aktie soll zukünftig an der Technologiebörse Nasdaq gehandelt werden. Zu den Investoren gehören unter anderem die Liechtensteiner Privatbank LGT sowie Fonds von Blackrock und Tencent. Mit dem Börsengang und früheren Finanzierungsrunden hat das Start-up bereits jetzt mehr als eine Milliarde Dollar von Investoren eingesammelt.
Überhaupt wird die Branche für elektrische Lufttaxis aktuell geradezu überschwemmt von Risikokapital. In letzter Zeit haben sich Archer und Joby Aviation, zwei amerikanische Lilium-Konkurrenten, auf ähnlichem Weg 1,1 respektive 1,6 Milliarden Dollar besorgt. Die Unternehmen wurden dabei mit 3,8 und 6,6 Milliarden Dollar bewertet, Lilium kommt demnach auf 3,3 Milliarden.
Getrieben wird das Unternehmen vor allem von einer Vision: „Wir träumen von einer Welt, in der jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt zu jedem Ziel fliegen kann“, wird Lilium-Chef Daniel Wiegand zitiert. „Wir haben unglaublich viele Gedanken und Sorgfalt in das Design des Flugzeugs und die Services investiert, um genau das zu erreichen.“ Dabei sollen eines Tages die Kosten pro Flugkilometer nicht über denen eines Taxis liegen.
Anders als die meisten anderen Anbieter in dem Sektor setzt Lilium in erster Linie aber nicht auf innerstädtischen Verkehr, sondern auf Regionalstrecken. Geschäftsreisende könnten dann auch in Gegenden, die durch Hochgeschwindigkeitstrassen der Bahn oder Autobahnen schlecht erschlossen sind, schnell anreisen. Vollelektrisch betrieben sind die Lufttaxis zudem deutlich leiser als andere Verkehrsmittel und vor allem CO2-frei. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Gedanke, nationale Kurzflüge von der politischen Agenda zu streichen. Doch auf einer so relativ kurzen Strecke kann ein Lilium-Serienflugzeug mit einer Reichweite von mehr als 250 km und einer Reisegeschwindigkeit von 280 Stundenkilometern problemlos eingesetzt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für das Start-up aus Bayern: Gerade in einer Zukunftsbranche ist die Synergie mit erfahrenen Unternehmen wichtig. So möchte Lilium seinen Flugdienst in Europa zusammen mit der Luxaviation Group aus Luxemburg aufbauen. Die Piloten der siebensitzigen senkrecht startenden Elektro-Jets sollen bei Luxaviation angestellt sein, das Unternehmen wird auch für die Betriebserlaubnis vor Ort sorgen. Es ist nach eigenen Angaben einer der weltweit größten Betreiber von Geschäftsflugzeugen und Hubschraubern und wird für einen Teil des Flugbetriebs zuständig sein, während Lilium das Netz entwickle. In Deutschland plant Lilium neben den Start- und Landestationen in München und Nürnberg auch Stationen in Köln und Düsseldorf, und in Florida möchte Lilium mit dem Flughafenbetreiber Ferrovial zusammen zehn Start- und Landeplätze aufbauen.
Alle beteiligten Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an diesem Projekt, sodass die ersten offiziellen Starts bereits für 2024 geplant sind. Es scheint nur noch ein kurzer Schritt, bis aus einer fantastischen Zukunftsvision alltägliche Realität wird.