währung, hat sich trotz großer Kursschwankungen nicht nur in den Schlagzeilen der Medien etabliert. Hat er das Zeug zu einer Weltwährung? Experten sind auf der Suche nach Antworten.
Es ist nur etwas über zehn Jahre her, da betrat der Bitcoin die Weltbühne der Wirtschaft. Damals handelte es sich nur um ein White Paper, entwickelt von einem gewissen Satoshi Nakamoto, von dem man bis heute nicht genau weiß, ob es ihn überhaupt gibt bzw. wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt. Überliefert ist, dass im Mai 2010 der Programmierer Laszlo Hanyecz aus Florida in einem Internetforum demjenigen 10.000 Bitcoins geboten hat, der ihm eine Pizza bestellt. Ein Brite ging auf den Deal ein und bestellte online zwei Pizzen für Hanyecz. Dafür bekam er wie versprochen 10.000 Bitcoins, die zu der Zeit einen Wert von 30 Euro besaßen. Der Programmierer machte den Mann damit zum Millionär: Heute entsprechen 10.000 Bitcoins, je nach Kurs, dem Wert von 50 bis 150 Millionen Euro!
Die Idee des Bitcoins ist gleichermaßen simpel wie genial: Bei Kryptowährungen handelt es sich um verschlüsseltes, digitales Geld. Ein Vorteil ist dabei, dass sie anonyme Zahlungen ermöglichen. Die Transaktionen werden direkt zwischen den Beteiligten durchgeführt, einen Zwischenhändler wie beispielsweise Banken oder Broker, die Gebühren erheben, gibt es nicht.
Und wenn von Bitcoins die Rede ist, ist der Begriff Blockchain meist nicht weit. Sie ist quasi das Kassenbuch oder Journal einer Kryptowährung. Alle Bitcoin-Transaktionen werden in dieser Datenbank festgehalten. Es wird gespeichert, wer wann wie viel Krypto-Geld besessen hat und wohin es überwiesen wurde – natürlich alles verschlüsselt.
Weil es jeden Tag unzählige Bitcoin-Transaktionen gibt, würde eine normale Datenbank schnell an ihr Limit kommen. Deshalb werden die Informationen in einzelnen Blöcken gespeichert. Ist ein solcher Block voll, wird er versiegelt, damit er nachträglich nicht mehr verändert werden kann. Dann wird ein neuer Block gestartet an den alten angehängt – eben wie bei einer Kette. Zwei Kettenglieder sind durch einen bestimmten Code verbunden, der aus jedem abgeschlossenen Block erstellt wird. So bezieht sich jeder Block auf den vorherigen. Und in der Kette sind alle Transaktionen, die jemals mit der Kryptowährung ausgeführt worden sind, zurückzuverfolgen.
Die Besonderheit dabei: Die Blockchain ist nicht nur auf einem Computer gespeichert, sondern auf allen Rechnern im Bitcoin-Netzwerk. Deshalb ist sehr schwierig, das System zu manipulieren. All diese Computer arbeiten mit, die Transaktionen in verschlüsselte Datenblöcke umzuwandeln – also quasi das Bitcoin-Kassenbuch zu führen. Computerfreaks weltweit helfen so mit, das Bitcoin-Netzwerk zu sichern. Als Gegenleistung erhalten diese sogenannten Miner eine Belohnung in Form von Bitcoin-Anteilen. So werden neue Bitcoins erstellt. Allerdings wird extrem viel Strom und eine enorme Rechenleistung benötigt, um neue Bitcoins zu schaffen, weltweit verbraucht das Erzeugen von Bitcoins jährlich mehr Strom als Argentinien.
Das klingt für viele Menschen immer noch reichlich abgefahren, und es stellt sich die Frage, warum investieren überhaupt so zahlreiche Anleger in das Internetgeld? Im Wesentlichen gibt es drei gute Gründe dafür.
Fast alle Notenbanken drucken weltweit Banknoten in großen Mengen nach, sodass der Wert einer Währung fällt und es zu einer Inflation kommt. Anleger suchen daher nach sinnvollen anderen Investitionen und dazu zählt immer häufiger der Bitcoin. Außerdem haben Kryptowährungen kaum Korrelationen zu anderen Anlageklassen wie beispielsweise Immobilen, Aktien oder Renten, und dienen daher als willkommene Vermögensdiversifikation. Ein weiterer Vorteil ist die limitierte Anzahl von Bitcoins, die nicht nachproduziert werden können. Im Gegensatz zu einer inflationären Entwicklung entsteht somit eine Verknappung, wodurch sich Nachfrage und Wert im Laufe der Jahre voraussichtlich steigern werden. Dabei ist die Anzahl der Bitcoins auf 21 Millionen beschränkt, aktuell sind rund 16,4 Millionen im Umlauf.
Allerdings gelten rund 3,7 Millionen Bitcoins als verschollen. Das bedeutet, dass der Bitcoin-Investor das Password vergessen hat oder verstorben ist und das Password nicht weitergegeben hat – seine Erben kommen dadurch nicht an die Bitcoins.
Die Möglichkeit des Vergessens des eigenen Passwords ist ein großer Nachteil des Bitcoins, wobei das Problem in dem Fall selbstgemacht ist. Es gibt jedoch auch externe Einflüsse, die die Freude an Kryptowährungen trüben können.
Da ist zum einen die hohe Volatilität – also extreme Kursschwankungen – die schon manchen Investor zur Verzweiflung gebracht hat. So schwankte der Wert in den ersten drei Maiwochen 2021 zwischen 50.000 und 30.000 € pro Bitcoin. Dabei können die Gründe für das Auf und Ab so vielfältig wie unvorhersehbar sein. So reichte die Ankündigung von Elon Musk, dass seine Produkte nicht mehr mit Bitcoin bezahlt werden können, um den Kurs nach unten rauschen zu lassen. Wenige Tage danach genügte ein kurzer Tweet von Musk, um den freien Fall zu stoppen. Er teilte mit, „Tesla has diamond hands“, ein Börsen-Slang für jemanden, der an seinem Investment bis zum Ende festhalten wird. Offenbar ist der Kryptomarkt nach tagelangem Rätselraten nunmehr zur Überzeugung gelangt, dass Tesla seine enormen Bitcoin-Bestände nicht abstoßen, sondern daran festhalten wird, was den Kurs beruhigte.
Ein weiterer Auslöser für den jüngsten Kursrutsch kam aus China. Das Land bekräftigte eine frühere Ankündigung, härter gegen die Herstellung von Kryptowährungen vorzugehen, da die Erzeugung der Digitalwährungen enorme Mengen an elektrischer Energie verursacht. Die Maßnahmen werden in China auch als Teil der Bemühungen zur Sicherung der Finanzstabilität gesehen.
Aber auch Betrug ist im großen Stil irritiert mitunter Anleger und beeinflusst somit den Kurs der Kryptowährungen. So hatte ein französischer Jungunternehmer die Online-Tauschbörse Mt.Gox im Jahr 2011 gekauft und in den zwischenzeitlich größten Handelsplatz für Bitcoins verwandelt. 2014 meldete Mt.Gox Insolvenz an, nachdem 850.000(!) Einheiten der Kryptowährung verschwunden waren – damals hatten sie einen Wert von etwa 500 Millionen Dollar. Der Gründer der Tauschbörse stand unter Verdacht, mit dem Verschwinden der Bitcoins in Verbindung zu stehen. Die Insolvenz von Mt.Gox verschaffte dem Enthusiasmus um die Digitalwährung 2014 einen erheblichen Dämpfer und stürzte den Bitcoin in eine Krise. Das Vertrauen in Tauschplätze schwand, nicht zuletzt auch wegen zahlreicher Hackerattacken und Betrugsversuchen von etlichen Pseudoanbietern. Monatelang zeigten die Bitcoin-Kurse nach unten, was auch einen Schatten auf andere Kryptowährungen warf. Bis heute lastet der Fall laut Experten auf der Anlegerstimmung.
Auch bei der Entscheidung für ein Investment können Gefahren lauern. Es sollte beachtet werden, dass es aktuell weltweit ca. 5.500 Kryptowährungen gibt, Tendenz steigend. Doch gerade bei kleineren oder neuaufgelegten Währungen müssen Investoren besonders vorsichtig sein und recherchieren, wer diese herausbringt, denn leider ist gerade in diesem Segment die Anzahl von Betrugsfällen überproportional. Das fällt den Anlegern dann mitunter erst zum Schluss auf, wenn sie ihre Investments wieder veräußern wollen und sich keine Käufer finden, weil es keinen Markt für diese Kryptowährungen gibt.
Dennoch: Für diejenigen Investoren, die nicht mit einem Asset alles auf eine Karte setzen wollen, lohnt es sich, über Bitcoins nachzudenken. Auch wenn er sich momentan in einer extremen Phase der Volatilität befindet, erwarten einige Experten, dass er zukünftig auf 100.000 US-Dollar steigen kann.
Das Image von Kryptowährungen hat sich auch gebessert, seitdem sich einige Notenbanken mit dem Auflegen eigener nationaler Digitalwährungen beschäftigen. So hat sich vor kurzem eine globale Gruppe von Zentralbanken zusammengeschlossen, um die möglichen Risiken bei der Verwendung von elektronischem Geld zu untersuchen. Die Bank of England (BoE), die Bank von Japan, die Europäischen Zentralbank (EZB), die Sveriges Riksbank, die Bank von
Kanada, die Schweizerische Nationalbank und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) werden Forschungsergebnisse und Erfahrungen austauschen, um das Potenzial einer digitalen Zentralbankwährung zu bündeln – vor allem Schweden mit seiner E-Krona ist in der Entwicklung einer nationalen Kryptowährung fortgeschritten.
Und alles deutet darauf hin: Auch wenn es vermutlich noch etwas dauern wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Bitcoin das Zeug dazu hat, eines Tages Weltwährung zu sein.